Wenn Finanzbeamte zweimal klingeln
Du bekommst Schnappatmung und Schweißperlen, wenn du an eine Betriebsprüfung denkst? Damit bist du nicht allein!
Ein Konflikt mit den Finanzbehörden mag niemand. Schon die bloße Erwähnung einer steuerlichen Betriebsprüfung kann Unternehmerinnen und Unternehmer um den Schlaf bringen. Viele fragen sich im Vorfeld, ob die Prozesse im Betrieb auch wirklich allen steuerlichen Anforderungen entsprechen oder ob irgendwas vielleicht doch nicht alles 100% sicher läuft.
Häufig sind sich viele auch nicht bewusst, dass sie im Rahmen einer Prüfung Schwierigkeiten bekommen könnten, wenn sie keine Strategie für die Zusammenführung und Bereitstellung ihrer Kassen- und Fiskaldaten haben. Im schlimmsten Fall kommt es zu Zuschätzungen, die zu hohen Steuernachzahlungen führen können.
Wir haben mit Tobias Teutemacher, Dipl. Finanzwirt und Steuerfahnder in NRW (hier in nicht dienstlicher Funktion) gesprochen, um mehr über die Risikofaktoren bei der Kassenführung zu erfahren und wie man sie im Vorfeld verhindern kann.
Herr Teutemacher, wodurch lässt sich das Risiko einer Betriebsprüfung oder einer Zuschätzung minimieren? Welche Tipps können Sie Unternehmen mit auf den Weg geben?
In diesem Zusammenhang spielt das sogenannte Tax Compliance Management eine entscheidende Rolle.
Es umfasst die Einhaltung aller steuerlichen Gesetze und Vorschriften, einschließlich der korrekten Archivierung und Verarbeitung von Kassendaten. Diese Aufgabe wird umso relevanter, da seit dem 1.4.2021 für elektronische Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion, wie z.B. elektronische oder computergestützte Registrierkassen, die TSE-Pflicht besteht.
Die Installation einer vom BSI zertifizierten Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ist jedoch nur der erste Schritt.
Die gesammelten Kassen- und TSE-Daten müssen entsprechend gespeichert, analysiert und aufbereitet werden, um den Anforderungen der Finanzbehörden gerecht zu werden.
Besonders in Branchen mit hohem Bargeldverkehr, wie der Gastronomie, dem Taxigewerbe und dem Einzelhandel, wird die Einhaltung dieser Vorschriften streng überwacht. Seit dem 1.1.2024 werden von den Finanzbehörden verstärkt unangekündigte Kassen-Nachschauen durchgeführt.
Diese erlaubt es ihnen, direkt im Unternehmen auf das Kassensystem oder auf die Kassendaten im Format DSFinV-K oder TAR-Files zuzugreifen und deren Korrektheit zu überprüfen. Unstimmigkeiten können dazu führen, dass zu einer steuerlichen Außenprüfung übergegangen wird. In deren Rahmen die Finanzverwaltung folgende Daten-Zugriffsrechte hat: direkter (nur lesender) Zugriff (Z1), mittelbarer Zugriff (Z2) und die Datenüberlassung (Z3).
Die Integration von Tax Compliance Management in die Unternehmensstrategie und die Einhaltung der TSE-Vorschriften sind daher essenziell, um die Konformität mit steuerlichen Vorschriften zu gewährleisten und mögliche Konsequenzen zu vermeiden. Eine proaktive Herangehensweise an die Archivierung und Verwaltung von Kassen- und Fiskaldaten kann das Risiko von Konflikten mit den Finanzbehörden signifikant reduzieren.
Welche Aspekte sind dabei in Bezug auf die Kassendaten zu beachten?
Tax Compliance Management in Bezug auf die Archivierung von Kassendaten ist ein kritischer Bereich, der strategische Planung, den Einsatz geeigneter Technologien und eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung erfordert.
Es bezeichnet die Einhaltung aller steuerlichen Pflichten, die mit der Erfassung, Speicherung und Verwaltung von Kassentransaktionen (= Kassen-Einzelaufzeichnungen = Grundaufzeichnungen) zusammenhängen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Folgende Aspekte sind dabei vorrangig zu beachten:
Nachvollziehbarkeit ist oberstes Gebot
Kassendaten müssen nicht nur sicher gespeichert werden, sondern auch für Prüfungen durch Steuerbehörden jederzeit zugänglich und nachvollziehbar sein. Das bedeutet, dass Unternehmen in der Lage sein müssen, spezifische Transaktionen über einen langen Zeitraum hinweg schnell zu identifizieren und zu präsentieren.
Regelmäßige Überprüfungen und Updates dank Cloud
Steuergesetze und -vorschriften können sich ändern. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen ihre Strategien regelmäßig überprüfen und anpassen. Dies schließt auch die Aktualisierung der verwendeten Technologien und Systeme ein, um mit den neuesten Anforderungen Schritt zu halten. An dieser Stelle ist es sinnvoll, die Zukunftsfähigkeit eingesetzter Technologien zu überdenken und beispielsweise cloud-fähige Lösungen in Betracht zu ziehen, die ein schnelleres Update ermöglichen.
Archivierung von Kassen- und Fiskaldaten: Ein Leitfaden
In Deutschland gibt es schätzungsweise 986.000 Kassensysteme (laut einer Studie von EHI) über „POS-Systeme“. Ergänzend steigt die Zahl der Selbstbedienungskassen, sogenannte „Self-Checkout“ Kassen im Einzelhandel an.
Viele dieser Systeme speichern ihre Kassen-Einzel- und Fiskaldaten möglicherweise nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen, da die abgelegten Daten nicht auf steuerliche Ordnungsmäßigkeit überprüft werden. Diese Unsicherheit besteht sowohl bei kleinen Einzelhandelsgeschäften als auch bei großen Unternehmen mit zahlreichen Niederlassungen.
Viele Unternehmen stehen also vor Fragen: Wie greift man auf die Kassendaten zu, ist der Belegfluss transparent, und ist das genutzte Archivierungssystem revisionssicher, etc.?
Deshalb ist es aus meiner Sicht von besonderer Bedeutung, dass die Daten laufend auf folgende Punkte hin überprüft werden:
- Wurden alle Transaktionen (Geschäftsvorfälle) lückenlos gespeichert, so dass eine progressive und retrograde (quasi rückwärtige) Prüfung möglich ist?
- Wurden sämtliche Belege ordnungsgemäß signiert?
- Wurde die Daten ordnungsgemäß z.B mittels LINA Verify oder auch AmadeusVerify (scannen des QR-Codes) überprüft?
- Können die Daten jederzeit im DSFinV-K-Format exportiert werden?
- Liegen die TAR-Files vollständig und lückenlos vor und ist deren Export gewährleistet?
- Wurden sämtliche Daten in einem revisionssicheren Archiv abgelegt?
Also ist ein Vorab-Check nicht nur sehr beruhigend, sondern auch fast schon unerlässlich. Welche Vorteile sehen Sie in unserer Softwarelösung?
Die Vorteile liegen auf der Hand – es wird vorab alles Wichtige überprüft:
- Einhaltung von gesetzlichen Prüfstandards
- Sicherheit vor Manipulationen (Änderungen sind ausgeschlossen),
- Eindeutige Verfahrensdokumentation (klar definierte Prozesse und Routinen),
- Revisionssichere Archivierung
- u.v.m.
Die Überprüfung im Vorfeld halte ich für sehr wichtig, denn eine – in vielen Fällen absichtliche – Missachtung der gesetzlichen Vorgaben bei der Führung elektronischer oder computerbasierter Kassensysteme, hat aktuell ernste Konsequenzen:
- Bei der Kassen-Nachschau kann zu einer Betriebsprüfung übergangen werden.
- Bei Steuergefährdung drohen Geldbußen bis zu 25.000 Euro.
- Evtl. steuerstrafrechtliche Folgen bei Steuerhinterziehung.
- Ablehnung oder Widerruf der Genehmigung zur ausgelagerten Buchführung.
- Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, wenn die Daten nicht im DSFinV-K-Format zur Verfügung gestellt werden.
Vielen Dank für Ihre Einschätzung und das Gespräch.